von Heidi Schulz-Scheidt | Fotos: Val Thoermer
Die ersten Bürger
Hier steht man tatsächlich am wahren Ursprung der Coburger Stadtgeschichte. Denn nachdem die Herren von Henneberg den Festungsberg übernommen hatten, wurde das dort ansässige Benediktinerkloster kurzerhand in die Stadt verlegt. Für den Festungsberg hatten die Herren eine bessere Verwendung. Eine strategisch günstig gelegene Burg sollte hier entstehen. So kam es, dass die Probstei ins Tal hinunterziehen musste. Auf das Gelände hinter der Morizkirche. Heute der Kirchhof.
An dieser Stelle entsteht das Ur-Coburg. Kleine Häuschen werden gebaut, eine erste Wehranlage schützt die Bürger. Die Grundmauern der ehemaligen Benediktinerprobstei, Reste einer Kapelle und einer ersten Stadtmauer kamen beim Bau des Ämtergebäudes ans Licht. Und können im Grabungsmuseum am Kirchhof nach Voranmeldung besichtigt werden. Rund um die Morizkirche entsteht auch der erste innerstädtische Markt, auf dem die Händler ihre Waren anboten.
Auffällig breit führt die Kirchgasse in Richtung Gotteshaus. Die Karren und Fuhrwerke brauchten schließlich Platz zur Anfahrt. Den Marktplatz, wie wir ihn heute kennen, gibt es erst seit dem frühen 15. Jahrhundert. Wahrscheinlich verlagerte sich das Marktgeschehen mit der Einweihung des neuen Rathauses auf den quadratischen Platz, wie wir ihn noch heute kennen. Und nicht nur einen Markt gab es hier rund um die Morizkirche, sondern auch einen Friedhof, der aufgrund des Platzmangels Ende des 15. Jahrhunderts aufgegeben wurde. Gestorben wurde zu allen Zeiten menschlichen Daseins, im Zeitalter der Pest umso häufiger. Aber vor den Toren der Stadt sollte der Gottesacker liegen. Mit den Toten wollte man keinen engeren Kontakt. So kamen die Kirchenväter auf den Standort hinter dem Ketschentor.
Im 17. Jahrhundert kam sogar noch ein kleines Kirchlein dazu, die Salvatorkirche, die die Coburger der Einfachheit halber Gottesackerkirche nannten. In diesem Quartier aus dem 13.Jahrhundert steht das verputzte Fachwerkhaus mit der Nummer 3 von Thilo Jaeckel. Was für ein herrlicher Ausblick bietet sich dem Betrachter aus der Dachgeschossgewohnung des Hauses bis hinüber zur Ehrenburg. Bis heute erkennt man, welche Bestimmung die rechte Haushälfte durch die Jahrhunderte hindurch hatte: Schreinermeister Carl Bauersachs werkelte hier gegenüber der Morizkirche in seiner Werkstatt. Die nicht symmetrische Anordnung der Fenster in den Obergeschossen lässt im übrigen vermuten, dass das Haus eine Verbindung aus zwei kleineren Fachwerkhäusern ist, die irgendwann einmal zusammen gewachsen sind. Die Idee des jetzigen Besitzers: Oben Wohnen und unten Gastronomie. Dafür überdachte er den kleinen Innenhof, in dem es sich gemütlich sitzen lässt.
20 Jahre lang bekochte hier Ditmar Dressel mit seinem „Morizstübchen“ die Coburger und legte den Schülern und Studenten gerne mal ein Schnitzel mehr auf den Teller, wenn gerade eines übrig war. Nach mehreren Pächterwechseln öffnete im April das vegane Restaurant „Koriander“ der Familie Khoury in der ehemaligen Werkstatt des Schreinermeisters seine Pforten. Am Kirchhof kann dann ab sofort bei schönem Wetter auch draußen mit dem Blick auf Ur-Coburg die levantinische Küche des Nahen Ostens genossen werden. Aber Achtung: der Tisch wird beim Aufdecken schnell sehr voll mit kleinen Schälchen und Tellerchen ganz nach dem orientalischen Motto: bunt und gesund.