Hier wohnen… #61

… Coburg Fans

Es sind nicht immer die großen, ins Auge fallenden Dinge, die einen Wert besitzen. Und manchmal braucht es auch einen zweiten Blick, um hinter die besondere Geschichte eines Gegenstands zu kommen. Eva und Heinz-Peter Wiesner lieben diese Geschichten hinter den Alltagsgegenständen. Vor allem, wenn es um die Geschichte Coburgs geht. Und die vielen kleinen Dinge in ihrem Laden erzählen solche Geschichten. Mitten in einem Schaufenster im Steinweg 34.

Der schwere, hübsch verzierte Eichenschrank mit Glasaufsatz stammt von der Firma Gottlieb Frommann. Aus einem stattlichen Möbelhaus aus dem Steinweg. Hergestellt zu einer Zeit, als dieser noch eine viel befahrene Straße war. Ein wichtiger Abschnitt der alten Handelsroute von Nürnberg nach Leipzig. Gaststätten, Bäckereien, Metzgereien, Bekleidungsgeschäfte und jede Menge Handwerker lebten und arbeiteten an dieser Hauptverkehrsachse mitten durch die Stadt. Welch quirliges Treiben muss hier noch bis ins letzte Jahrhundert auf der Straße und in den Geschäften geherrscht haben. Schaufenster an Schaufenster reihte sich aneinander.

So wie heute das der Firma Wiesner. Seit dem Umzug 2020 von der einen auf die andere Seite des Steinwegs. Moment, die Firma Wiesner ist doch ein Fotogeschäft. Und das schon seit über 80 Jahren, mittlerweile in der dritten Generation. Aus Liebe zu den schönen Dingen aus Coburg und der Region hat die Familie in dem neuen Ladengeschäft eine Antikecke eingerichtet. Oft bringen Coburger ihre Einzelstücke vorbei, weil sie sich wohnlich verkleinern. Sie können sich dann leichter trennen, wenn sie ihre Erinnerungsstücke in gute Hände abgeben können. In dem Frommannschen Eichenschrank beispielsweise befinden sich seltene Bierkrüge von Brauereien, die es längst nicht mehr gibt. Und mit Bier verbindet dieses Haus eine besondere Geschichte. Gab es doch im 19. Jahrhundert eine Verbindung zu einem Brauhaus. Zu dem Kommunbrauhaus am oberen Bürglass, in dem heute die ASCO zu finden ist.

In einem mittlerweile abgerissenen Nebengebäude befand sich die Malzdarre der Brauerei Kaufmann. Diese wiederum war mit dem Steinweg 34 verbunden, denn hier befand sich eine bekannte Gaststätte mit einem der schönsten Säle Coburgs. Zeitzeugen berichten vom Gastwirt Carl Kaufmann, der eine besondere Leidenschaft fürs Billardspielen hatte. Er nannte sich selbst einen „Bierbrauer und Billardeur“. Ein guter Geschäftsmann scheint er in jedem Fall gewesen zu sein. Die neu gebaute Kegelbahn im Hinterhaus war eine gut besuchte Anlaufstelle für bewegungsfreudige Coburger.

Noch dazu gab es ebendiesen Saal, in dem regelmäßig Tanzveranstaltungen stattfanden. Gelagert wurde das Kaufmannsche Bier im Keller des Hauses. Die steinernen Bänke als Ablage und die Schütte zum Hinunterlassen der Eisblöcke existieren bis heute. 1891 war dann leider Schluss mit dem Gasthaus. Der Wirt musste seine 17 Geschwister ausbezahlen. Das war auch das Ende der Brauerei hier im Steinweg. Danach wurde das Haus mit der Nummer 34 umgebaut.

Der Kaufmann Carl Zangerle erwarb das Anwesen. Eine große Schaufensterfront für eine Kolonialwarenhandlung wurde errichtet. Im ersten Stock entstand eine Wohnung, im zweiten Stock die Lagerräume. Die schöne Schaufensterfront ist geblieben. Oft fühlen sich Touristen oder Exilcoburger von den Antiquitäten und anderen Schätzen ins Geschäft eingeladen und erstehen ein gläsernes, hölzernes oder porzellanenes Erinnerungsstück. Mit einer ganz eigenen, kleinen, besonderen Coburger Geschichte.

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