Buchempfehlung: Elisabeth Strout – Am Meer #61

„Welche Gnade, dass wir nicht wissen, was uns im Leben erwartet.“

Die Pulitzer-Preisträgerin Elizabeth Strout ist eine außergewöhnliche Autorin mit besonders feinem Gespür für Zwischenmenschliches. Ihre einfühlsamen Erzählungen fangen die Vielschichtigkeit menschlichen Lebens in all seinen Facetten ein und halten ihrem Lesepublikum einen Spiegel vor, der mal tröstlich, mal herausfordernd sein kann.

Was ihre Romane so besonders macht, ist ihre Fähigkeit, alltägliche Geschichten in außergewöhnliche Erzählungen zu verwandeln. Sie schafft es, scheinbar unscheinbare Charaktere und Situationen mit großer Empathie und Subtilität darzustellen, wodurch sie beim Leser ein tiefes Verständnis und Mitgefühl weckt.

So auch in „Am Meer“: Im Frühjahr 2020 nimmt die erfolgreiche Schriftstellerin Lucy Barton erstmals Notiz von einem Virus, das gerade in Italien für Unruhe sorgt. Ihr Ex-Mann William ist Wissenschaftler und erkennt früh die Tragweite dessen, was auf die USA und insbesondere auf New York City, den Wohnort der beiden, zukommt.

Trotz ihrer Trennung sind Lucy und William, die gemeinsam zwei erwachsene Töchter haben, freundschaftlich verbunden. Seit beide wieder solo sind (William wurde von seiner Frau verlassen und Lucys Mann starb), haben sie wieder häufiger Kontakt. So drängt William Lucy dazu, gemeinsam mit ihm die Stadt zu verlassen und während des zu erwartenden Lockdowns Zuflucht in Maine zu suchen, in einem alten Haus am Meer. Auch eine der Töchter verlässt gemeinsam mit ihrem Mann die Stadt, während die andere in Brooklyn bleibt, da ihr Mann New York nicht verlassen will.

Wie in all ihren Romanen lässt uns Elizabeth Strout unmittelbar teilhaben am (Exil-)Leben der beiden, die sich schon so lange kennen und sich durch die außergewöhnlichen Umstände neu kennenlernen. Wir begleiten ihren Pandemiealltag in der Provinz (und erinnern uns an manches, das wir schon wieder verdrängt hatten) und teilen mit ihnen positive Erlebnisse ebenso wie die Ohnmacht, den Töchtern in privaten Krisensituationen nicht so beistehen zu können, wie das ohne das Virus der Fall wäre. „Am Meer“ ist ein wunderschöner Roman, der die Leserinnen und Leser mit seiner knappen und funkelnden Prosa gefangen nimmt. Eine unvergessliche Geschichte über Familie und Freundschaft, die Zerbrechlichkeit unserer Existenz und die Hoffnung, die uns am Leben erhält, selbst wenn die Welt aus den Fugen gerät.

INHALTSANGABE

Sie hatte es so wenig kommen sehen wie die meisten. Lucy Barton, erfolgreiche Schriftstellerin und Mutter zweier erwachsener Töchter, erhält im März 2020 einen Anruf von ihrem Ex-Mann – und immer noch besten Freund – William. Er bittet sie, ihren Koffer zu packen und mit ihm New York zu verlassen. In Maine hat er für sie beide ein Küstenhaus gemietet, auf einer abgelegenen Landzunge, weit weg von allem. Nur für ein paar Wochen wollen sie anfangs dort sein. Doch aus Wochen werden Monate, in denen Lucy und William und ihre komplizierte Vergangenheit zusammen sind in dem einsamen Haus am Meer.

ELIZABETH STROUT…

… wurde 1956 in Portland, Maine, geboren. Für ihren Roman „Mit Blick aufs Meer“ bekam sie 2009 den Pulitzerpreis. „Die Unvollkommenheit der Liebe“ wurde für den Man Booker Prize 2016 nominiert. „Alles ist möglich“ wurde 2018 mit dem Story Prize ausgezeichnet, erhielt ein überwältigendes Presseecho in den USA und stand in allen großen Medien auf den Empfehlungslisten. Elizabeth Strout lebt in Maine und in New York City.

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