Der Neid ist – so hat es schon Arthur Schopenhauer formuliert – die vielleicht höchste Form der Anerkennung. Im Fränkischen kommt er mal getarnt als Lob daher („a Hund isser fei scho!“), mal aber auch ziemlich deutlich und direkt („mehr Glügg als Verstand hodda ghabt, weiter nix!“). Danach kommt nur noch das, was Neudeutsch „Mobbing“ genannt wird. Der Begriff ist zwar relativ neu, das Phänomen aber ist es nicht. Mobbing gab’s schon vor 3.000 Jahren – man denke nur an die Geschichte von David und König Saul (nachzulesen in der Bibel) – und vermutlich auch schon viel viel früher.
Die Geschichte zeigt: Immer wenn es um Erfindungen und neue Technologien ging, spielen Neid und Missgunst häufig eine Rolle, lieferten sich die Protagonisten Wettläufe mit harten Bandagen. So gilt etwa Alexander Graham Bell als Erfinder des Telefons, und das obwohl sowohl der Italiener Antonio Meucci als auch der Deutsche Philipp Reis zur etwa gleichen Zeit einen „Fernsprechapparat“ (für die junga Leut’: den Vorgänger vom Wischkästla!) erfunden hatten. Letzterer hatte sogar schon einige Exemplare verkauft. Leider versäumte er es, sich seine Erfindung rechtzeitig patentieren zu lassen, was im 19. Jahrhundert in der hessischen Diaspora vermutlich auch gar nicht so einfach war. Dies tat dann Bell und heimste so auch den Ruhm für die Erfindung des Telefons ein.
Philipp Reis kennt heute kaum noch jemand. Gleiches gilt für Simon Marius, ein Astronom aus dem mittelfränkischen Gunzenhausen. Der 1573 Geborene hatte sich dank einiger astronomischer Entdeckungen Anfang des 17. Jahrhunderts einen guten Namen gemacht. Doch jahrhundertelang erinnerte man sich nicht an seine wissenschaftlichen Leistungen, stattdessen galt er als Plagiator. Zu Unrecht, wie neueste Nachforschungen bestätigen: Marius war wohl das, was man heute als „Mobbingopfer“ bezeichnen würde – und zwar von niemand Geringerem als dem großen Galileo Galilei.
Was war passiert? Simon Marius, zu der Zeit Hofastronom beim Ansbacher Markgrafen, hatte 1610 beim Blick in sein Fernrohr vier Jupitermonde entdeckt. Leider war es dann Galileo Galilei, der schneller von der gleichen Entdeckung berichtete, sie niederschrieb und die Monde auch gleich benannte. Marius veröffentlichte seine Entdeckung der Monde erst vier Jahre später. Als er dann für sich reklamierte, der Erste gewesen zu sein (was inzwischen als wahrscheinlich gilt), teilte Galilei öffentlich gegen ihn aus, indem er ihn als „üblen Profiteur“ hinstellte. Wörtlich schrieb er: „Dieser Kerl, der es offensichtlich gewohnt war, sich mit der Arbeit anderer zu schmücken, schämte sich nicht, meine ‚Botschaft von den neuen Sternen‘ zu missbrauchen, um seinen eigenen Ruhm durch meine Arbeit und meine Mühen zu vermehren. Behauptet er doch tollkühn (…), er habe die Mediceischen Planeten, welche den Jupiter umkreisen, vor mir entdeckt … Ich sage, er hat höchstwahrscheinlich überhaupt nichts beobachtet!“
Starker Tobak! Marius Ruf in der Fachwelt war damit nachhaltig beschädigt. Damit seine wissenschaftlichen Leistungen künftig im allgemeinen Gedächtnis bleiben, hat die Simon Marius-Gesellschaft das 400. Todesjahr des fränkischen Astronomen nun zum Gedenkjahr ausgerufen. Mit dem gebotenen zeitlichen Abstand, so wohl die Meinung der Gesellschaft, ist es angebracht, beide Wissenschaftler für das zu würdigen, was sie – rund 1.000 Kilometer voneinander getrennt, aber wohl nur im Abstand von wenige Stunden – entdeckt haben. Gänzlich rehabilitiert dürfte Marius aber wohl nie werden. Aber ihm wie Galilei ging es um die Wahrheit, um Logik und um naturwissenschaftliche Erkenntnisse, um einen Wandel im Denken, der einen neuen Blick auf die Welt ermöglichte.
Und das ist gut so. Denn Wandel sollte immer ein Fortschritt und nie ein Rückschritt sein. Das war schon damals so und ist es heute. Digitalisierung, künstliche Intelligenz und ein gesellschaftlicher Wandel, der die aktuellen soziokulturellen und klimapolitischen Anforderungen und Entwicklungen berücksichtigt, sind deshalb die Themen der Stunde. Zwar ist nicht anzunehmen, dass in 400 Jahren irgendwelche Kolumnisten über das Jahr 2024 in Bayern schwadronieren werden. Heute beschäftigen diese Themen aber viel mehr Menschen, als das damals die Entdeckung der Monde vermochte. Denn wenn es darum geht, in der Öffentlichkeit
besser dazustehen als der Konkurrent oder gar der politische Gegner, dann ist es heute leider an der Tagesordnung, diesen möglichst öffentlichkeitswirksam madig zu machen.
„Fürchte den Stier von vorne, den Esel von hinten, aber den Parteifreund (nicht zu vergessen den Koalitionspartner, möchte der Monaco hinzufügen!) von allen Seiten.“ Ein Satz, den sich auch Ministerpräsident Markus Söder zu eigen gemacht hat, der – wer wollte das bestreiten – ganz schön viele Neidhammel um sich herum versammelt hat. Um was die ihn genau beneiden, ist zwar nicht ganz klar. Grazie und Sex-Appeal können es eher nicht sein. Im Zweifel aber schielen sie nach seiner Macht. Wenn Söder sein Bayern – und da preist er Franken mit ein – als „schönstes Land der Welt“ adelt, um das uns die ganze Welt beneide, dann hat er schon Recht. „Die halbe Welt frisst und säuft gern bayerisch“, weiß er. Stimmt. Und das möge bittschön auch nach Söder so blei’m, gell! Schätzla, schau wie iech schau!
„Liebe statt Hass“. „Versöhnen statt spalten“. „Nie wieder ist jetzt“! In Zeiten, in denen sich rechtsextreme Kräfte organisieren und immer ungenierter zeigen, dass sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung in unserem schönen Land untergraben wollen und am liebsten Migranten und „nicht assimilierte Staatsbürger“ deportieren, pardon: „remigrieren“ möchten, ist es für den Monaco Zeit, auch mal die Gemeinsamkeiten von Franken und Bayern zu betonen!
Am 21. Januar standen in München, Coburg und vielen anderen Städten zeitgleich und sicher nicht zum letzten Mal Zehntausende Menschen friedlich zusammen, um gegen Rechtsextremismus und braune Gesinnung in unserem Land zu demonstrieren. Klare Kante gegen Verfassungsfeinde, gegen einen neuen „Madagaskarplan“ und gegen einen rückwärtsgewandten Wandel
unserer Gesellschaft.
„Der Fuchs ist schlau und stellt sich dumm/ beim Nazi ist es andersrum“, war nur einer der Sprüche, der da die Runde machte. Ma‘ könnt drüber lachen, wenn’s ned so draurich wär’! Aber es macht Mut, dass dann doch so viele Mitbürger– auch die angeblich so trägen Franken – ihren Oarsch hochgekriegt haben und für unsere Demokratie auf die Straße gegangen sind. Des musst‘ amool g’soochd werrn, gell! Nix gegen Heimatliebe, aber wos do von manchen hinterdem Deggmändala ihres „Nationalstolzes“ abgesondertwird, bassd auf ka Kuhhaut mehr!
Wandel ja – aber doch bittschö’ nach vorn und ned Jahrzehnte – ach wos sooch ich: Jahrhunderte zurügg! Die Jugend steht für Weltoffenheit, nicht für Engstirnigkeit. Sie will Spaß und nicht marschieren, „Netflix“ und keine Heinz-Rühmann-Filme! Und fragt mal die kreativen Jungunternehmer mit ihren innovativen Geschäftsideen, die sich aufgemacht haben, mit ihren Firmen und Produkten die Welt zu erobern!
Sie alle sind doch auf zusätzliche Fachkräfte angewiesen. Sie alle könnten nicht tun, was sie tun, wenn wir uns abschotteten und nur noch unser eigenes Süppla kochen täten! Da bekenn ich mich tausendmal lieber zu einem Land, für das der frühere Bundespräsident Roman Herzog dereinst die Metapher „Laptop und Lederhose“ erfand, zu einem Freistaat, der auf Tradition und Innovationsfreude, Bodenständigkeit und Fortschritt setzt. Sogar als „undergebudderder“ Franke unter lauter Münchnern.
Schätzla, des musst amaal gsach’d werrn!