… Spielzeugliebhaber
Viele prachtvolle Villen zeugen bis heute vom Wohlstand der Stadt Sonneberg. Dem Wohlstand, den die Herstellung von Spielzeugen brachte. Die meisten Gebäude in Sonneberg entstanden zwischen 1840 und 1940. Viele verschiedene Baustile kann man hier am Rande des Thüringer Waldes auf engstem Raum entdecken. So auch eine herrschaftliche Villa am Schönberg mit der vielsagenden Adresse „Schöne Aussicht“.
Von der Straße her versteckt sich die prachtvolle neobarocke Villa hinter hohen Bäumen. Aber wer seinen Fuß auf das über 5000 Quadratmeter große Grundstück am Stadtrand setzt, der erhält ganz besondere Einblicke. Allein im schiefergedeckten Dach finden sich zwei Stockwerke. Platz ist also reichlich vorhanden. Obwohl der einstige Bauherr Otto Froebel hier lediglich mit seiner Familie wohnte. Es kursiert die Legende, dass der Spielzeugwarenfabrikant seine Tochter, die nach Amerika auswandern wollte, mit einem besonders hübschen, modernen Wohnhaus zum Bleiben überreden wollte. So dürfte es nicht viele Wohnhäuser in Sonneberg gegeben haben, die über eine zentrale Staubsaugeranlage verfügten.
Im Keller wurde dafür ein eigener Raum errichtet, in welchem der Kompressor, auf einem Podest stehend, seine Arbeit verrichtete. Anschlüsse für die Saugrohre gab es auf jeder Etage. Im Erdgeschoss konnte einer bis heute erhalten werden. Bemerkenswert modern. Im Dachgeschoss, in der ehemaligen Gesindewohnung, findet sich ein weiteres Relikt vergangener Zeiten. Ein manueller Holzspalter, an einem Dachbalken befestigt. Die zentrale Heizungsanlage erwärmte nämlich nur die Etagen, in denen die Eigentümer wohnten. Das Personal heizte mit Holz.
Außerdem scheint Otto Froebel ein Naturliebhaber gewesen zu sein. Eine gemauerte Vogeltränke im Garten ist eine weitere Besonderheit. Der jetzige Eigentümer führt in dem parkähnlichen Garten vor, dass diese zu jeder Zeit mit Grundwasser gefüllt ist. Ein Kuriosum wie die zweiteilige Eingangstür, die im Original erhalten ist. Eine massive Holztüre mit einer zusätzlichen Sicherung aus Gittereisen. Diese sollte Sicherheit geben in unruhigen Zeiten. Bekannt ist, dass das Haus mit der Nummer 45 nach Kriegsende 1945 die amerikanische Kommandantur beherbergte. Die US-Flagge wehte aber nur kurze Zeit in der „Schönen Aussicht“. Nachdem die Siegermächte Deutschland in Besatzungszonen aufgeteilt hatte, war klar, dass die amerikanische Armee sich aus Thüringen zurückziehen musste. Anfang Juli 1945 kam es dann zum Besatzungswechsel.
Heute befindet sich die Villa wieder in privater Hand. 1990 kaufte Familie Mraß das Anwesen und renovierte es. Viele Elemente der neubarocken Villa konnten dabei erhalten oder saniert werden: handgedrechselte Holzsäulen am Eingang, lindgrüne Lamperien, Stuckdecken und das imposante, hallenartige Treppenhaus. Unten arbeitete die Eigentümerin in ihrer Allgemeinarztpraxis, oben wurde gewohnt. Nun steht die Villa zum Verkauf. In den 15 Zimmer wäre vieles denkbar. Vom Seniorenstift bis hin zu Eigentumswohnungen. Ganz besonders schönes Wohnen mit Aussicht inklusive.