Rechtstipp: „Stimmt das wirklich?“

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Rechtsirrtümer im Alltag

Obwohl wir in einem Zeitalter leben, in dem Informationen nur einen Klick entfernt sind, halten sich einige Rechtsirrtümer so hartnäckig wie der Glaube an Freitag, den 13. Wer kennt sie nicht – die gut gemeinten Ratschläge von Freunden oder Verwandten, die bei genauerem Hinsehen oft nur eines bedeuten: Halbwissen kann gefährlich werden, oder zumindest teuer. Rechtsanwältin Heidi Schüler von der Anwaltskanzlei Hörnlein & Feyler räumt mit einigen Rechtsirrtümern auf.

COBURGER: Gilt „Rechts vor Links“ auch auf Parkplätzen?

Heidi Schüler: Nein, auf öffentlichen Parkplätzen ohne eine ausdrückliche Vorfahrtsregelung gilt üblicherweise kein rechts vor links. Das hat 2022 der Bundesgerichtshof erstmals höchstrichterlich entschieden. Die Entscheidung betrifft Parkplätze, die öffentlich zugänglich sind. Das sind zum Beispiel Supermarktparkplätze.

COBURGER: Hat man als gekündigter Arbeitnehmer eigentlich wirklich immer Anspruch auf eine Abfindung?

Heidi Schüler: Nein, nur wenn das vertraglich vereinbart wurde. Eine automatische Abfindung gibt es nicht.

COBURGER: Darf ich im Supermarkt Obst, z.B. Weintrauben, probieren, bevor ich mich zum Kauf entscheide?

Heidi Schüler: Nein, schon früher bis 1875 sah das Gesetz bei dem sogenannten Mundraub (richtig „Verbrauchsmittelentwendung“) eine geringe Strafe vor, wenn jemand Obst in kleinen Mengen probiert hat, um Frische oder Geschmack zu testen, oder auch wenn er von einem Baum vom Nachbarn Früchte zum sofortigen Verzehr gepflückt hat. Seither gilt das sogar als Diebstahl. Diebstahl kann mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bestraft werden.

COBURGER: Kann ich versteckte Mängel beim Werkvertrag auch nach Ablauf der Verjährungsfrist geltend machen? Heidi Schüler: Nein. Bei Bauwerken gibt es eine fünfjährige Verjährungsfrist. Tritt ein Mangel erst nach sechs Jahren auf, ist der Anspruch grundsätzlich verjährt.

COBURGER: Darf die Polizei mein Auto durchsuchen? Heidi Schüler: Ohne Einwilligung darf das Auto nicht durchsucht werden. Ein richterlicher Beschluss ist dafür erforderlich, es sei denn, es liegt „Gefahr im Verzug“ vor. Das Auto ist, wie die Wohnung, durch das Recht auf Privatsphäre geschützt.

COBURGER: Stimmt es, dass Eltern immer für ihre Kinder haften?

Heidi Schüler: Nein, das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Grundsätzlich haftet jede Person für eigenes Verschulden. Eltern haften nur, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Ein Beispiel: Ein Gericht entschied, dass eine Mutter nicht haften musste, als ihr dreijähriger Sohn bei einem Besuch einer Freundin der Familie deren Schmuck in der Toilette herunterspülte. Das war keine Verletzung der Aufsichtspflicht, weil das Umfeld vertraut war.

COBURGER: Stimmt es, dass man nach dreimaligem erfolglosem Rufen des Kellners im Restaurant nicht mehr bezahlen muss?

Heidi Schüler: Das ist ein Mythos. Man muss auf jeden Fall bezahlen. Wenn man allerdings mehrfach erfolglos um Zahlung gebeten hat, kann man seine Kontaktdaten hinterlassen und den Betrag später überweisen. Einfach nicht zu zahlen, wäre Zechprellerei und somit Betrug.

COBURGER: Lebenslänglich dauert in Deutschland nur 15 Jahre, richtig?!

Heidi Schüler: Nein, das stimmt nicht. Bei Totschlag beträgt die Höchststrafe 15 Jahre. Mord wird jedoch mit lebenslanger Haft bestraft . Nach 15 Jahren kann unter Umständen eine Bewährung in Betracht gezogen werden, allerdings nur, wenn im Urteil keine „besondere Schwere der Schuld“ festgestellt wurde.

COBURGER: Muss ich defekte Waren immer mit einem Kassenbon reklamieren?

Heidi Schüler: Nicht unbedingt. Der Kassenbon ist nur ein Beweismittel von mehreren. Man kann den Kauf auch mit einem Kontoauszug oder Zeugen belegen.

COBURGER: Jeder Vertrag ist innerhalb von zwei Wochen widerrufbar?

Heidi Schüler: Nein. Diese Widerrufsfrist gilt nur bei Onlinekäufen, Haustürgeschäften oder Kreditgeschäft en. Im Laden gibt es kein gesetzliches Widerrufsrecht. Gewährleistungsrechte, wie das Recht auf Reparatur oder Umtausch bei Mängeln, gelten aber unabhängig davon.

COBURGER: Wer auffährt, hat immer Schuld, oder?!

Heidi Schüler: Nicht immer. Wenn der Hintermann beweisen kann, dass der Vordermann aus unklaren Gründen abrupt gebremst hat oder dessen Bremslichter defekt waren, kann es zu einer Teilschuld kommen.

COBURGER: Muss ich jederzeit einen Ausweis bei mir tragen? Heidi Schüler: Nein. In Deutschland gibt es keine allgemeine Mitführpflicht. Man muss aber ab 16 einen Personalausweis besitzen, aber eben nicht ständig dabeihaben.

COBURGER: Muss man bei einer Polizeikontrolle ins Röhrchen pusten oder sich Blut abnehmen lassen?

Heidi Schüler: Wenn die Polizei den Verdacht hat, dass man Alkohol getrunken hat, kann sie zum Atemalkoholtest auffordern. Weigert man sich, kann eine Blutprobe angeordnet werden, allerdings nur mit richterlichem Beschluss, es sei denn, es liegt „Gefahr im Verzug“ vor. Wenn sich der Verdacht als unbegründet herausstellt, hat man unter Umständen Anspruch auf Schadensersatz.

COBURGER: Darf ich als Autofahrer den Fahrradschutzstreifen nutzen, wenn kein Radfahrer darauf fährt?

Heidi Schüler: Nein, der Fahrradschutzstreifen darf nicht überfahren werden, außer man muss einem Hindernis ausweichen oder es gibt baulich keine andere Möglichkeit. Dabei darf man den Verkehr aber nicht gefährden.

COBURGER: Müssen Fahrradfahrer immer den Radweg benutzen, wenn einer vorhanden ist?

Heidi Schüler: Nein, nur wenn ein blaues Radwegeschild vorhanden ist, besteht dazu die Pflicht. Und Radfahrer in einer Gruppe von mehr als 16 Personen dürfen auch bei vorhandenem Radweg auf der Straße fahren.

Die Fragen stellte Wolfram Hegen.