Mit echten Mönchen haben die Seßlacher Bierliebhaber eigentlich gar nichts zu tun. Schließlich gab es hier auch nie ein Kloster. Es war einst eine gelungene Marketingaktion von ein paar Freunden mit viel Liebe zum heimischen Bier, als diese am Seßlacher Faschingsumzug vom Wagen herunter das selbst Gebraute verschenkten, um auf sich aufmerksam zu machen. Ein Name musste her. So entstand die Interessengemeinschaft der Seßlacher Mönche. Es wurde eine Erfolgsgeschichte.
Ohne die Brauhausfreunde wäre die Arbeit in der Pfarrgasse und damit das Brauen des Haustrunkes viel schwieriger. Der Freundeskreis unterstützt den von der Stadt fest angestellten Braumeister, um die große Menge an Bier – etwa 120.000 Liter pro Jahr – an den Mann oder die Frau bringen zu können. Denn Bier braucht Betreuung und Braumeister Michael Lengenfelder ist nur an drei Tagen in Seßlach. Falls es zwischen Gerstenmalz mahlen, Leitungen spülen und dem Abfüllen in die eigens angeschafften 5-Liter-Fässer zu unvorhersehbaren Verzögerungen kommen würde – der Braumeister kann die Zeit in seinem gemütlichen Schalander im ersten Stock des Brauhauses verbringen. Auch dieses Projekt haben die Mönche initiiert. Ein solcher Aufenthaltsraum diente früher den Wandergesellen der Brauerzunft, wenn sie auf der Walz unterwegs waren.
Fast das ganze Jahr über wird im Brauhaus geschrotet, eingemaischt, eingekocht, abgekühlt und abgefüllt. Jeden Samstag können die Seßlacher als Privatabholer ans Fenster des Brauhauses kommen und sich ihr Bier in die mitgebrachten Gefäße abfüllen lassen. Eine bemerkenswerte Kuriosität, die so deutschlandweit nur noch in Seßlach praktiziert wird. Der Andrang am Fasstag ist immer groß. An diesen Tagen dürfen die Kunden sogar über den Maximiliansplatz direkt ans Brauhaus fahren, was ansonsten verboten ist. Wer es nicht rechtzeitig schafft, sich sein Hausbrauerbier, seinen Johannitrunk oder jetzt im November sein Festbier abzuholen, der kann sein Lieblingsbier auch in einer der Seßlacher Gastwirtschaften genießen.
Die Legende, dass es einst eine Leitung vom Brauhaus in eine der Gastwirtschaften gegeben habe, kann Stefan Pachsteffl nicht bestätigen. „Das wäre eine schöne Idee, aber aus hygienischen Gründen gar nicht möglich, denn es bleibt ja immer etwas Bier in einer Leitung stehen.“ Die bisher größte Unternehmung der Brauhausfreunde ist dieses Jahr fertiggestellt worden und brachte gleich auf Anhieb die Sanierungsmedaille des Bezirks, eine Eiserne Rose, ein. Die Renovierung der kleinen Seßlacher Schmiede, die sich direkt neben dem Brauhaus befindet, wurde in vielen Stunden Eigenleistung gestemmt. Als Teil der ehemaligen Stadtmauer verfiel die Werkstatt zusehends und sank bis 2014 in einen tiefen Dornröschenschlaf. Den Brauhausfreunden wiederum fehlte zu dieser Zeit eine Spülküche und ein kleiner Raum für die verschiedenen Veranstaltungen.
So wurde die Idee geboren, aus der Werkstatt einen Probierraum mit Küche zu machen. Zuerst musste durch einen Tausch das Grundstück von der Stadt erworben werden. Eine Genehmigung zum Umbau erhielten die Mönche 2017, die Auflagen des Denkmalschutzes waren überschaubar, da das ursprüngliche Gebäude aus dem Jahr 1890, also nicht aus dem Mittelalter stammte. Die Stadt stellte das Material und die Brauhausfreunde ihre Arbeitskraft. In Eigenregie wurde die Alte Schmiede zu neuem Leben erweckt. Nur die Zimmerer und Dachdeckerarbeiten wurden von Fachfirmen ausgeführt. Eigentlich wäre die Schmiede bereits 2019 zum Einzug bereit gewesen – da kam eine Pandemie dazwischen und die Eröffnung musste auf 2024 verschoben werden.
Mittlerweile ist die Alte Schmiede, die nur durch einen kleinen Fußgängerweg durch die Stadtmauer hindurch vom Brauhaus getrennt ist, fester Bestandteil der Seßlacher Stadtführungen. Die auffällige rote, zwei geteilte Stalltür ist ein echter Hingucker und lädt inzwischen bis zu zehn Personen zu überregional gebuchten Bierseminaren in ihr altes Gemäuer ein. Auf jeden Fall freuen sich die Brauhausfreunde jetzt, dass hier nicht mehr nur zum Arbeiten zusammenkommen, sondern auch, um ihren untergärigen, würzigen Haustrunk zu genießen.
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