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Annette Hopfenmüller #33

Annette Hopfenmüller

Zuhause in Ebersdorf bei Coburg wird es ihr zu eng, mit gerade achtzehn Jahren zieht es sie in die große weite Welt, sie lernt viele Größen der Musikbranche kennen, wird zum jungen TV-Gesicht, dreht später über 60 Filme und entdeckt dabei mehr und mehr ihre alte Heimat Coburg wieder, filmisch, aber auch persönlich.

Sie sitzt da mit einem Tässchen Kaffee, ihrer größten Leidenschaft, „das Kaffeehaus ist für mich eine Art Lebenselixier“, sagt sie, zum Freunde treffen, arbeiten, schreiben, „das Klappern von Geschirr finde ich beruhigend“ und sie habe ja lange Zeit in Wien verbracht, eine Zeit, in die sie sich in Coburg gerne auch zurückversetzt bei ihrem alten Freund Peter Feyler in der Rosengasse, „das ist ein richtiges Kaffeehaus, Backware ist für mich der Duft der großen weiten Welt“, zum Gespräch aber treffen wir uns im Foyer der Goldenen Traube, ihrem „Zuhause“ auf Zeit, wenn die Wahl-Münchnerin in ihrer alten Heimat gastiert, in den letzten Jahren immer häufiger, um ihre Filme zu recherchieren, vorbereiten, zu drehen.


„Dreharbeiten mit Guns n` Roses in Los Angeles auf dem Baseball-Feld, mit Bon Jovi im Hubschrauber, mit den Scorpions im U-Boot.“


Dabei will sie ursprünglich gar nicht zum Film, „ich bin überhaupt nicht von dieser Idee durchdrungen gewesen“, sie will einfach weg, damals, Ende der 1970er Jahre. Die gelernte Fremdsprachenkorrespondentin zieht nach München, möchte Musikerin werden, Bassistin, und schafft den Einstieg, unter anderem in der Band des Spliff-Schlagzeugers Herwig Mitteregger. Annette Hopfenmüller lernt viele Rockmusiker kennen, Freundschaften entstehen, viele von ihnen bestehen bis heute. Und weil sie sich in der Musikbranche gut auskennt, bewirbt sie sich bei Bayern 3. Nach dem Weggang von Thomas Gottschalk ist man dort auf der Suche nach Moderatoren, die Ahnung von Musik haben. Hopfenmüller übernimmt „Pop nach Acht bis Mitternacht“ und „Seven o’Pop“, moderiert auch beim Süddeutschen Rundfunk, und beim TV-Sender Tele 5. „Letztendlich habe ich damals das erste Mal mit bewegten Bildern zu tun gehabt“, sagt sie, ihr Einstieg in die Fernsehwelt.

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Bei Tele 5 sucht man damals nach einem neuen Format. „Ich habe gesagt, für Heavy Metal gibt es nichts“, Hopfenmüller kennt sich aus und entwickelt das TV-Format „Hard`n Heavy“, in dem sich die Metal-Stars von Ozzy Osbourne bis Iron Maiden die Klinke in die Hand geben. Auch ihre Sprachkenntnisse als Fremdsprachenkorrespondentin kann sie jetzt gut brauchen. Fünf Jahre lang läuft die Sendung auf Tele 5, Annette Hopfenmüller ist verantwortliche Redakteurin, Produzentin, Moderatorin in einem. Das Format ist etwas völlig Neues: Immer in speziellen Locations gedreht, immer in der Nähe der Stars, ob mit Guns n` Roses in Los Angeles auf dem Baseball-Feld, ob mit Bon Jovi im Hubschrauber, ob mit dem Scorpions im U-Boot. Doch Ende 1990 setzt Tele 5 die Sendung ab, „das war schon ein Schlag nach über 200 Sendungen“, immerhin geht es auch um die eigene Existenz, doch Hopfenmüller nutzt die Krise als Chance, sich weiterzuentwickeln. Ohnehin nämlich möchte sie nicht mehr vor der Kamera stehen, sondern dahinter, Regie führen, Drehbücher schreiben, kulturellen Themen auf den Grund gehen, sie anders erzählen, dokumentarisch. Ihr erster Beitrag ist ein Portrait über den Hauptdarsteller von Don Giovanni und die Opernfestspiele. „Das war schon ein krasser Wechsel“, erinnert sie sich. „Ich hatte schlaflose Nächte, ob das wirklich klappt.“ Es klappt. Der Film kommt gut an, sie bewirbt sich beim ZDF-Kulturmagazin Aspekte, wieder helfen ihr die Kontakte zur Musikbranche für gute Geschichten. Die meisten um die zehn Minuten, immerhin, aber Hopfenmüller strebt nach längeren Formaten.

Und wieder geht eine Türe auf, die Redaktion Kulturpolitik des Bayerischen Rundfunks bietet ihr eine 45minütige Dokumentation an. Über neun Wochen lang begleitet sie die Inszenierung von „Richard III.“ von Shakespeare im Bayerischen Staatsschauspiel. Ihre Dokumentation aus dem Jahr 1996 „Wie kommt der Mond ins Theater?“ wird ein Erfolg, die Kritiker sind angetan. Vor allem, weil die Geschichte anders erzählt war, anders geschnitten, schnell, mit Überraschungen, dramaturgischen Einfällen, nicht so sehr wie eine klassische Dokumentation, sondern eher wie ein Clip, „da kam mir die Erfahrung aus der Zeit als Musikerin und bei Tele 5 wieder entgegen.“ Der Zuschauer steht im Mittelpunkt ihrer Arbeit, „er muss den Film spannend finden.“ Das tut er, und das Bayerische Fernsehen wird ihr Haussender, für den sie die allermeisten ihrer fast 70 Filme produziert, viele für die Dokumentarfilmreihe „Unter unserem Himmel“.

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Annette Hopfenmüllers Filme sind dabei immer authentisch, ganz nah an den Menschen, fast liebevoll, bei aller journalistischen Neutralität. „Ich versuche immer herauszufinden, was das Gegenüber ausmacht, was – sozusagen – seine Essenz ist.“ Das fängt sie ein, in Bildern, in Aussagen. „Die Menschen sollen so sein, wie sie sind, und sich nicht vor der Kamera anders geben.“ Daher verhält auch sie sich so normal wie möglich, und auch ihre Kamerateams leben diese Philosophie, „ohne Gehabe, wie man das der Filmbranche manchmal ja zuschreibt“, respektvoll, dokumentarisch eben, zurückhaltend. Doch es gibt auch Momente des Zweifelns, vor allem im Schnitt, „wird das wirklich spannend oder eher lau, fallen uns genug Ideen ein, gelingt eine gute Dramaturgie? Sie investiert gemeinsam mit ihrem Cutter „viel Hirnschmalz, wir schenken uns da nichts.“ Das Ergebnis sind Filme, sind Dokumentationen mit der ganz eigenen Hopfenmüller-Handschrift. „Ich bin am Ende bisher wirklich immer zufrieden gewesen“, sagt sie.

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Auch mit ihren Filmen aus dem Coburger Land, vor allem mit der Dokumentation „Am Polstermöbelhighway 303“ aus dem Jahr 2009, erzählt sie, die sie nach Ebersdorf bei Coburg zurückführt. Diese Hinwendung zur alten Heimat beginnt um die Jahrtausendwende, als Zuschauer und Fernsehmacher der Globalisierung etwas entgegenzusetzen beginnen, „regionale Themen, echte Menschen“. Auch Annette Hopfenmüller, die „früher immer nur weg“ wollte, wendet sich wieder ihren Wurzeln zu, dreht 1999 ihren Film „Lieber ein König in Coburg“ und 2013 das große Stadtportrait „Leben in Coburg“. Schon bei den ersten Dreharbeiten merkt sie, „welchen Fundus es hier an interessanten Themen und tollen Menschen gibt.“ Viele von ihnen hat sie seitdem besucht, hat sie begleitet, hat um die 20 Dokumentationen aus der Region um Coburg und Lichtenfels produziert. Und hat ihre Heimat wieder lieben gelernt, alte Freunde wieder entdeckt und neue hinzugewonnen. „München ist mein Lebensmittelpunkt, aber ich merke immer mehr, dass es ohne Coburg auch nicht geht.“

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