Engel (nicht nur) in der Weihnachtszeit – Coburger und ihre Freude am Helfen und Geben
Der Baum ist festlich geschmückt, die Lichterketten strahlen, es duftet nach Glühwein und Lebkuchen, Geschenkpapier raschelt, Kinderaugen leuchten. Es ist Weihnachten! Doch nicht alle Menschen erleben ein unbeschwertes Fest. Viele sind einsam oder haben nicht das Geld, um Wünsche zu erfüllen – auch in Coburg. Gut, dass es Menschen und Institutionen gibt, die die Weihnachtsfeiertage für all diejenigen verschönern, denen es nicht so gut geht. Der COBURGER hat sich umgeschaut.
Mittwochvormittag im AWO–Mehrgenerationenhaus am Bürglassschlösschen: Johanna Thomack, Leiterin des Hauses, hat alle Hände voll zu tun. Menschen kommen und gehen, haben Wünsche und Fragen. Das Café im Treff ist weihnachtlich dekoriert, einige Senioren haben dort Platz genommen. Jetzt, in den Wochen und Tagen vor dem Weihnachtsfest ist Thomack vor allem mit den Vorbereitungen für die Weihnachtsfeier beschäftigt. „Weihnachten ist für viele Menschen besonders belastend, vor allem, wenn sie alleine sind“, weiß die Sozialpädagogin. Es gibt viele Gründe für Einsamkeit, zum Bespiel, wenn der Partner verstorben ist, Freunde und Weggefährten nicht mehr leben, die Kinder aus dem Haus sind und weit weg wohnen.
Weihnachten ist aber vor allem ein Fest der Familie. Damit keiner den Heiligabend alleine in seiner Wohnung verbringen muss, öffnet der Treff traditionell am Nachmittag des 24. Dezembers seine Türen und lädt zu besinnlichen Stunden ein. Im Café des Treffs finden 35 Besucher Platz, die sich vorher angemeldet haben müssen. Am Heiligabend erfüllt ein Duft von Bratäpfeln den Raum, warme Getränke, Stollen und Plätzchen werden angeboten. „Wir wollen alle Sinne ansprechen“, sagt Thomack. Dazu gehören auch Weihnachtsgeschichten, die vorgelesen werden und traditionelle Weisen, vorgetragen auf Flöte und Zither. „Es ist immer richtig kuschelig und gemütlich, eine rundum gelungene Sache,“ sagt Thomack. Gegen 17 Uhr klingt die heimliche Feier aus, im Anschluss gehen viele Besucher in die Kirche zum Gottesdienst. „Dann ist der Tag fast vorbei und das Alleinsein nicht mehr so schwer“, sagt Thomack.
Thomack ist die gute Seele des Hauses und Ansprechpartnerin für alle kleinen und großen Probleme, die im Laufe des Tages an sie herangetragen werden. „Es kommen viele Menschen, die ihr Herz ausschütten. Wir hören viele Geschichten und Schicksale, die uns bewegen“, sagt die Sozialpädagogin. Ohne die vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter könnte der Treff aber nicht funktionieren, betont sie. Das Team von elf festangestellten Mitarbeitern werde von 300 Helfern unterstützt, die Ältesten seien 98 und 92 Jahre alt.
Seit der Eröffnung im Jahr 1993 ist Hausmeister Erich Seuffert dabei, der sich um alles Bauliche und Technische im Haus kümmert. „Ich finde es spannend zu sehen, wer hier alles kommt und geht. Irgendwie sind wir ja so was wie ein Jugendzentrum für Senioren“, schmunzelt er. Unterdessen schaut eine Besucherin zur Tür herein: „Wo kann ich denn meine Lebensmittel ablegen?“, fragt sie. „Food Sharing“ heißt, erklärt Thomack, dass Menschen Lebensmittel mitbringen und diese in ein Regal oder in den Kühlschrank legen, wo sie von den Besuchern des Treffs mitgenommen werden können. Das Mehrgenerationenhaus im Bürglassschlösschen zaubert eben nicht nur zur Weihnachtszeit ein Strahlen in die Gesichter.
Ortswechsel: Im sozialen Kaufhof Hartz & Herzlich nimmt Barbara Kammerscheid Geschenke entgegen. Auf den fein verpackten Päckchen stehen ein Alter, und ob der Inhalt für einen Jungen oder für ein Mädchen geeignet ist. Es handelt sich um die Aktion „Die gute Tat“, die die Coburger Citymanagerin Andrea Kerby-Schindler im vergangenen Jahr aus der Taufe gehoben hat. „Die Idee dahinter ist, dass Kinder Kindern helfen“, sagt sie. Und das geht so: Kinder verschenken entweder neue oder gut gebrauchte Dinge wie Spielsachen, etwas Selbstgebasteltes oder ein neuwertiges Buch an Kinder, denen es nicht so gut geht.
Die Pakete werden am Nikolaustag in der Christkindls- Postamt-Bude am Coburger Weihnachtsmarkt abgegeben. Als Belohnung gibt es ein kleines Säckchen mit Süßigkeiten, einen Gutschein für eine Karussellfahrt und eine Kleinigkeit vom Coburger Weihnachtsmarkt. Im vergangenen Jahr hat Kerby- Schindler mit dieser Aktion den kleinen Patienten der Kinderstation der Regiomedkliniken eine Freude beschert: „Wir möchten Wärme in die kalten Tage und in die Herzen der Menschen bringen,“ sagt die Citymanagerin.
Und deswegen gehen in diesem Jahr die Päckchen an das soziale Kaufhaus Hartz & Herzlich im Heimatring 56, wo Barbara Kammerscheid und ihr Team die Präsente an die Kinder der Kunden des Kaufhauses weitergeben. „Jedes Kind, das zu uns kommt, wird ein Geschenk bekommen und wenn nötig, packen wir zusätzliche Geschenke ein“, versichert Kammerscheid. In dem sozialen Kaufhaus darf aber nur einkaufen, wer im Besitz eines bestimmten Ausweises ist und unter einer bestimmten Einkommensgrenze liegt. Für einen Single-Haushalt sind das maximal 1100 Netto ohne Mietzuschuss und Kindergeld, für jede weitere Person im Haushalt erhöht sich die Grenze um 250 Euro.
Alle Dinge rund um den Haushalt, Möbel und vor allem auch Kleidung warten dort auf Abnehmer. „Es geht um die Würde der Menschen, deshalb sehen wir uns nicht als ein Sozialkaufhaus, sondern als ein soziales Kaufhaus, eine Art Secondhandladen“, betont sie. Kammerscheid beobachtet, dass auch im reichen Coburg Menschen von Armut betroffen sind. Vor allem immer mehr Rentner müssen demnach jeden Cent zweimal umdrehen. „Die Altersarmut ist weiblich“, sagt Kammerscheid. Betroffen seien oftmals Seniorinnen, die in schlecht bezahlten Frauenberufen oder in Teilzeitstellen gearbeitet haben, oder sich um Haushalt und Kinder gekümmert haben. Aber auch in vielen Familien reiche das Einkommen vorne und hinten nicht aus, beispielsweise wenn der Hauptverdiener in einem Niedriglohnsektor arbeite und mehrere Kinder zu versorgen seien. Dann sei das soziale Kaufhaus eine Anlaufstelle, um Kinder gut und günstig einzukleiden. „Wir bekommen tatsächlich positive Rückmeldungen von den Schulen. Seitdem es uns gebe, würden Kinder weniger gemobbt werden, weil man ihnen die Armut nicht mehr ansehe“, so Kammerscheid.
Mit der Not konfrontiert werden auch die Mitarbeiter der Coburg Tafel e. V., die sich alle ehrenamtlich engagieren. „Eigentlich sind wir ja das ganze Jahr über Engel,“ sagt Edda Kroos von der Coburger Tafel. Ein engagiertes Team von rund 40 Helfern sammelt Lebensmittel, die nicht verkauft werden oder kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum stehen, bei Supermärkten, Discountern, Bäckern und anderen Geschäften ein. Die Produkte werden gründlich geprüft , sortiert und an Berechtigte verkauft . Das sind Menschen, die im Besitz des Coburger Passes sind oder per Rentenbescheid ihr geringes Einkommen nachweisen können. „In Coburg und in der Umgebung leben mehrere Tausend Menschen von der Sozialhilfe, darunter sehr viele Kinder“, sagt Pressesprecher Jürgen Kroos. Das wiederum bedeute, dass zu wenig Geld für eine ausgewogene Ernährung zur Verfügung stehe. Bei der Tafel können die Menschen Lebensmittel, auch Gemüse und Obst, günstig einkaufen. Zur Essensausgabe kommen jede Woche 150 bis 220 Menschen, die wiederum 400 bis 600 Angehörige versorgen. Aber die Tafel ist weit mehr als ein Einkaufsladen. „Wir sind ein kommunikativer Treff punkt, in dem sich die Menschen auf Augenhöhe begegnen können,“ so Kroos. Wenn die Tafel am Mittwoch öffne, kämen die Menschen vorher im Foyer zusammen, um über dies und das zu schwatzen und um sich auszutauschen. Jetzt, in der Vorweihnachtszeit, wird auch an die kleinen Kunden gedacht. Das geschieht mit zahlreichen Aktionen. Dazu ist die Tafel auf Spenden angewiesen, zum Beispiel hat die Sparda-Bank 220 Adventskalender mit hochwertigem Spielzeug an die Tafel übergeben. „Kein Kind soll sich aufgrund der finanziellen Lage seiner Eltern benachteiligt fühlen“, beschreibt Stephan Kunz, Vertriebsleiter der Sparda-Bank in Coburg, das Engagement der Genossenschaftsbank.
Helfen kann übrigens jeder und zwar nicht nur in der Weihnachtszeit. So freut sich die Tafel Coburg über Unterstützung. Ob als Fahrdienst, beim Einsammeln der Waren, beim Sortieren oder bei der Ausgabe – jede helfende Hand ist willkommen. Auch Geldspenden werden gerne angenommen.
Infos: www.tafel-coburg.de