Sonderthema Gesundheit: Für andere da sein #60

Wie soziales Engagement glücklich macht

Wenn das Leben endet, ist es wichtig, jemanden an seiner Seite zu haben, der zuhört, tröstet und einfach da ist. So wie Sophia Schumm. Sie ist eine von 90 Hospizbegleiter:innen, die sich im Hospizverein Coburg engagieren. Im Ehrenamt findet die 25- Jährige eine tiefe Erfüllung. Was bringt eine junge Frau dazu, sich mit einem Thema zu beschäftigen, das viele von uns am liebsten verdrängen? Wir treffen Sophia zum ersten Mal im Caritas-Seniorenheim St. Josef.

Dort besucht sie regelmäßig Hedwig Herok, die seit vielen Jahren dort lebt. Viele Weggefährten und Freunde der alten Dame sind lange tot. Die Seniorin ist häufig allein und verlässt ihr Zimmer aufgrund vieler Krankheiten kaum noch. Sophias Besuche sind eine willkommene Abwechslung. Jede Woche ist die Studentin zu Gast, hört zu und steht zur Seite. Die junge Frau ist beeindruckt und berührt von den Geschichten und Weisheiten, die am Lebensende sichtbar werden: „Es ist die Essenz des Lebens, die für jeden anders ist, aber wahrscheinlich nie so reflektiert und eindeutig zum Ausdruck kommt, wie am Lebensende – wie ein Sieb, durch das alles Unwesentliche rieselt. Das Wesentliche bleibt oben hängen.“

„In mir war eine solche Sehnsucht. Ich wollte mehr über das Leben und den Sinn unseres Daseins lernen.“

Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens

Sophia hat sich schon als Kind mit dem Sinn des Lebens beschäftigt. „In mir war eine solche Sehnsucht. Ich wollte mehr über das Leben und den Sinn unseres Daseins lernen“, sagt sie. Als Sophia mit dem plötzlichen Herztod des Vaters ihres damaligen Freundes konfrontiert wird, verstärkt sich dieser Wunsch. Sie erfährt, was es bedeutet, einen Menschen in seiner tiefen Trauer zu begleiten, eine Hand zu reichen und Emotionen auszuhalten, ohne selbst im Leid des Anderen zu ertrinken.

Im zweiten Semester ihres Studiums entschließt sie sich, ein Praktikum in einem Hospizverein zu absolvieren. Sie stellt sich auf eine Zeit voller Trauer und Schwere ein und wird bereits beim ersten Kennenlernen eines Besseren belehrt. Das Hospiz-Büro ist ein fröhlicher und herzlicher Ort der Begegnung. In den Teambesprechungen wird gelacht und nach der Arbeit besuchen die Mitarbeiter zum Beispiel auch mal ein Volksfest.

Die Ausbildung dauert ein Jahr, zweimal im Monat treffen sich die Teilnehmer für mehrere Stunden. Es geht auch darum, sich selbst kennenzulernen und zu überprüfen, ob man der Aufgabe gewachsen ist. Während ihres Praktikums vertieft Sophia ihr Wissen über den Tod. Die Arbeit mit sterbenden Menschen beeindruckt sie stark und gibt ihr Denkanstöße. „Wie ein trockener Schwamm habe ich die Tiefe und die Klarheit des Sterbens aufgesogen und bemerkt, dass ich mich noch nie so verbunden und zugehörig zum Kreislauf der Natur gefühlt habe.“

„Wenn man die Natur betrachtet, stellt man fest, dass sie welkt, stirbt und immer wieder neu blüht. Wir Menschen sind Teil der Natur. Meine Arbeit als Hospizbegleiterin hilft mir, mit Demut darauf zu blicken und tiefes Vertrauen in das Leben zu fassen.“

In einer schnelllebigen Zeit fehle oft die Zeit zum Innenhalten, stellt sie fest. Durch den Kontakt mit sterbenden Menschen lebt Sophia bewusster und versteht ihre eigenen Sehnsüchte und Wünsche besser. Sie lässt den Tod in ihr Leben. Sie betrachtet ihn nicht als Gegner, sondern als Partner. „Er hilft mir liebevoll, die Rolle einzunehmen, die ich auf unserer Erde leben möchte.“

Die Studentin begleitet schwer kranke Menschen in ihrem Sterbeprozess. Dieser dauert unterschiedlich lange; es können Tage, Wochen oder Monate vergehen. Als wir Sophia einige Monate nach unserer ersten Begegnung zu einem Fototermin im November treffen, ist Hedwig Herok wenige Tage zuvor verstorben. Sophia muss von der alten Dame Abschied nehmen. Trotz der Trauer über den Verlust sieht die junge Frau den Tod als Wegweiser. Vielleicht sogar als Anleitung zum Glück.

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