Kultouren: Wien

Reisen allein, zu zweit, als Familie mit Kindern, „die schon aus dem Gröbsten“ raus sind, mit Freunden. Regionen in Europa, die mit dem Auto, per Bahn, mit dem Bus (oder dem Flugzeug) in ein paar Stunden erreichbar sind. Ziele für Menschen, die etwas sehen und erleben wollen, die interessiert sind an Kultur, Land und Leuten, an Natur, Bergen, Seen, Flüssen und Meer, gerne verbunden mit Bewegung an der frischen Luft und manchmal auch mit ein bisschen kalkuliertem Abenteuer. Das sind unsere COBURGER-Kultouren. In jedem Magazin eine. Mit vielen Bildern, die Lust aufs Fortfahren machen, und mit ein paar wenigen persönlichen Eindrücken, wenn Sie dieser Lust erliegen. Unser Tipp: Selbst auf Entdeckungsreise gehen.

Eine Reise nach Wien ist wie das Aufblättern eines prunkvollen Buches, dessen Seiten von Kaisern und Künstlern, von Kaffee und Kultur erzählen. Die österreichische Hauptstadt ist ein Sehnsuchtsort, der Tradition und Moderne so elegant miteinander verbindet, dass man sich nie entscheiden kann, ob man im Gestern schwelgen oder das Heute feiern soll. Man kann sich Wien rein räumlich wahlweise mit dem Auto nähern, allerdings ist das Parken in der Donaumetropole nicht gerade billig, oder man setzt sich seit ein paar Jahren ganz bequem in Coburg in den ICE und kommt im schnellsten Fall schon nach gut 5 Stunden an. Kaum dort, umweht einen der Hauch von Geschichte: die Pracht der Ringstraße, die goldenen Kuppeln des Secessionsgebäudes, die Melodien von Mozart und Strauss, die in den Straßen zu schweben scheinen. Und doch ist Wien keine Stadt, die sich in ihrer Vergangenheit verliert. Sie ist lebendig, pulsierend, manchmal charmant schnoddrig – eben typisch wienerisch. Ob Sie im Schatten des Stephansdoms einen Apfelstrudel genießen, durch die Prunkräume von Schloss Schönbrunn schlendern oder sich im Prater das Leben um die Ohren fliegen lassen – Wien bietet eine Bühne für jeden Geschmack. Und wenn die Stadt eines perfekt beherrscht, dann ist es, ihre Gäste in die Kunst des Müßiggangs einzuführen. Wien lädt dazu ein, den Alltag hinter sich zu lassen, sich treiben zu lassen, sich zu verlieren – und dabei sich selbst ein Stückchen näher zu kommen. Denn in dieser Stadt, wo die Zeit manchmal stehenzubleiben scheint, liegt die Schönheit in jedem Augenblick.

ALLES SO SCHÖN KUNST HIER

Wer Wien besucht, taucht unweigerlich in ein Mosaik aus Prunk, Geschichte und Kreativität ein, das seinesgleichen sucht. Die österreichische Hauptstadt ist nicht nur für ihre imperiale Architektur und ihre Kaffeehauskultur berühmt, sondern auch eine wahre Schatztruhe für Kunstliebhaber. Man sollte sich allein für die Kunstschätze einige Tage Zeit nehmen, sonst wird man das Gesehene kaum verdauen können, so reichhaltig ist es.

Die Hofburg, einst das Machtzentrum der Habsburger, bildet gleichsam den Auftakt zu einer kulturellen Erkundungstour. Gleich nebenan thront das Kunsthistorische Museum wie ein Tempel der Alten Meister. In seinen prächtigen Hallen nden sich Meisterwerke von Bruegel, Rubens und Velázquez. Besonders Bruegels „Bauernhochzeit“ und „Turmbau zu Babel“ ziehen den Betrachter in ihren Bann – Bilder, die nicht nur Gemälde, sondern ganze Weltanschauungen sind. Nur ein kurzer Spaziergang entfernt liegt das Museumsquartier, ein Schmelztiegel der Moderne. Zwischen barocken Fassaden und moderner Architektur tre en hier das Leopold Museum, das mumok und die Kunsthalle aufeinander.

Das Leopold Museum ist ein Muss für Fans von Egon Schiele und Gustav Klimt. Die expressionistischen Werke Schieles, so rau und doch verletzlich, erzählen Geschichten, die auch heute noch nachhallen. Klimts „Tod und Leben“ hingegen ist eine Ode an die Gegensätze, die das Leben ausmachen – Pracht und Vergänglichkeit. Ein weiteres Highlight ist das Belvedere, wo Klimts „Der Kuss“ den wohl romantischsten Moment der Kunstgeschichte verewigt. Das Schloss selbst, ein barocker Traum, erhebt sich über Wien wie eine königliche Krone. Die Kombination aus historischer Kulisse und moderner Kunst ist einzigartig.

Das MAK (Museum für angewandte Kunst) und das Albertina Modern führen vor Augen, dass Kunst nicht nur retrospektiv, sondern auch progressiv sein kann. Wer die Kunst liebt, wird Wien nicht besuchen, sondern ein- und fast nicht mehr auftauchen.

STEINE FÜR DIE EWIGKEIT

Die steinernen Wahrzeichen dieser Stadt erzählen Geschichten von Kaisern und Künstlern, von Glauben und Fantasie – und sie tun dies auf eine Weise, die einem den Atem raubt. Beginnen wir im Herzen der Stadt: der Stephansdom, Wiens gotisches Meisterwerk. Wie ein steinerner Wächter erhebt sich der „Steffl“, wie ihn die Wiener liebevoll nennen, über die Altstadt. Sein Dach, das mit 230.000 farbigen Ziegeln kunstvoll verziert ist, gleicht einem Teppich aus Licht und Schatten. Im Inneren üstert die Zeit – hier haben Kaiser geheiratet, Mozart hat musiziert, und Generationen von Wienern fanden Trost und Hoffnung. Der Aufstieg zur Türmerstube des Südturms ist zwar schweißtreibend, aber die Aussicht auf Wien, die sich oben bietet, ist eine Belohnung, die man nicht so schnell vergisst.

Ein wenig weiter westlich liegt Schloss Schönbrunn, die Sommerresidenz der Habsburger und ein Paradebeispiel barocker Pracht. Die goldenen Fassaden und der weitläufige Garten – mit dem berühmten Palmenhaus und der Gloriette – lassen den Besucher die Zeit Maria Theresias förmlich spüren. In den Prunkräumen des Schlosses, darunter der Spiegelsaal, in dem ein junger Mozart konzertierte, kann man sich kaum vorstellen, dass hier einst der Alltag eines Kaiserhofes stattfand. Der Blick von der Gloriette über die Anlage ist wie ein Postkartenmotiv, das zum Leben erwacht. Doch Wien ist nicht nur imperiale Vergangenheit, sondern auch ein Ort, an dem die Kunst der Freiheit begegnet. Das Hundertwasserhaus, mit seinen bunten Fassaden und welligen Formen, ist ein rebellischer Gruß an die Strenge der klassischen Architektur. Hier tanzen die Linien, hier atmet der Stein. Friedensreich Hundertwasser hat ein Gebäude geschaffen, das wie ein lebendiges Wesen wirkt – und das inmitten einer Stadt, die vor allem für ihre Ordnung bekannt ist. Wien zeigt sich in seinen steinernen Wahrzeichen als eine Stadt voller Gegensätze. Es ist ein Ort, an dem man von gotischer Größe zu barocker Üppigkeit wandern und schließlich in der spielerischen Fantasie der Moderne ankommen kann. Wien aus Stein ist ein Erlebnis, das Kopf und Herz gleichermaßen berührt.

ZEIT, DASS SICH WAS DREHT

Der Wiener Prater ist mehr als ein Vergnügungspark – er ist eine Zeitreise, ein Abenteuer, eine kleine Welt für sich. Wer den Prater besucht, betritt ein Reich, in dem Vergangenheit und Gegenwart Arm in Arm spazieren gehen. Schon der erste Blick auf das berühmte Riesenrad, das sich seit 1897 gemächlich dreht, versetzt einen in eine nostalgische Stimmung. Hier fühlt man sich wie in einer alten Filmszene, irgendwo zwischen der Wiener Moderne und einer träumerischen Ewigkeit. Das Riesenrad ist nicht nur ein Wahrzeichen, sondern auch ein stiller Beobachter der Stadt. Wer in eine der roten Gondeln steigt, wird in den Himmel getragen und mit einem Panoramablick belohnt, der Wien in all seiner Pracht zeigt: der Stephansdom, die Donau, die Hügel des Wienerwalds. Während das Rad sich langsam dreht, scheint die Zeit für einen Moment stillzustehen.

Doch der Prater ist auch ein Ort für Herzklopfen und Bauchkribbeln. Im Wurstelprater, dem Vergnügungsbereich des Parks, locken Achterbahnen, Geisterbahnen und Karussells. Die Mischung aus knatterndem Holz und blitzendem Stahl hat einen ganz eigenen Charme. Zwischen Zuckerwatte, gebrannten Mandeln und dem unverwechselbaren Geruch von Bratwürsteln entfaltet sich eine Atmosphäre, die gleichzeitig wild und heimelig ist. Wer es ruhiger mag, findet im Grünen Prater Erholung. Dieser weitläufige Park, der sich hinter dem Trubel erstreckt, ist ein Paradies für Spaziergänger, Jogger und Naturfreunde. Die Hauptallee, gesäumt von majestätischen Kastanienbäumen, lädt zum Flanieren ein. Hier fühlt man sich wie ein Wiener Bürger vergangener Jahrhunderte, der dem Stadtlärm für einen Augenblick entflieht.

Und dann sind da noch die kleinen Überraschungen: der Schweizerhaus-Klassiker Stelze mit Bier, das Liliputbahn-Feeling für Kinder und Erwachsene oder die nostalgischen Fotoboxen, die einen daran erinnern, dass der Prater nicht nur ein Ort ist, sondern ein Lebensgefühl. Der Wiener Prater ist ein Tanz auf der Grenze zwischen Tradition und Moderne, zwischen Abenteuer und Entspannung. Er ist nicht nur ein Park, sondern eine Bühne, auf der jeder Besucher für ein paar Stunden zum Hauptdarsteller wird. Wer Wien besucht, sollte sich dieses Stück urbaner Magie nicht entgehen lassen.

HIER SAGT MAN MELANGE

In Wien ist das Kaffeehaus mehr als ein Ort, um Kaffee zu trinken. Es ist ein Refugium der Zeitlosigkeit, ein Ort der Begegnung zwischen Geist und Gesellschaft, zwischen Muße und Melancholie. Hier scheint die Welt kurz anzuhalten, während sich der Du von frisch gemahlenem Kaffee mit dem Rascheln der Zeitung mischt. In keinem anderen Ort der Welt ist das Kaffeehaus so sehr Institution wie in Wien – eine Kultur, die sogar zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe erhoben wurde.

Die Klassiker unter den Wiener Kaffeehäusern sind keine bloßen Lokale, sondern Bühnen des Alltags, auf denen Geschichte geschrieben wurde. Da wäre das Café Central, ein Palast der Literaten, dessen Gäste einst Sigmund Freud, Stefan Zweig und Leo Trotzki waren. Die hohe, marmorne Halle mit ihren Bögen und Kronleuchtern lässt einen ehrfürchtig innehalten – hier fühlt sich jeder Besuch wie ein Dialog mit der Vergangenheit an. Unbedingt probieren: eine Melange, begleitet von einem Stück Sachertorte.

Nicht weniger eindrucksvoll ist das Café Landtmann, direkt an der Wiener Ringstraße gelegen. Es gilt als eines der ältesten Kaffeehäuser der Stadt und zählte Persönlichkeiten wie Gustav Mahler und Marlene Dietrich zu seinen Stammgästen. Heute ist es ein eleganter Treffpunkt, an dem man beim Blättern in der Zeitung die Atmosphäre des Fin de Siècle spüren kann.

Für ein Stück gelebte Romantik führt kein Weg am Café Sperl vorbei. Mit seinen Thonet-Stühlen, den Kugelleuchten und dem knarzenden Holzboden ist es ein lebendiges Relikt des 19. Jahrhunderts. Hier treffen sich Nachbarn, Künstler und Träumer – und vielleicht auch der eine oder andere Tourist, der das Gefühl sucht, in Wien zu Hause zu sein. Doch das Kaffeehaus ist mehr als Kulisse. Es ist eine Lebenseinstellung. Stundenlang verweilen, schreiben, lesen, beobachten – ohne das Gefühl zu haben, jemals gehen zu müssen.

Denn hier gilt: Wer sitzt, bestellt nicht, wer bestellt, sitzt ewig. Die Wiener Kaffeehäuser sind eine Einladung, die Welt einen Moment lang durch die Linse der Zeitlosigkeit zu betrachten. Wer Wien besucht, sollte nicht nur hineingehen, sondern sich hineinfallen lassen – und für einen Augenblick vergessen, dass es eine Welt außerhalb dieser charmanten Paralleluniversen gibt.

Nur vier Tipps aus nahezu unzählig vielen Möglichkeiten für Ihre persönliche Entdeckungsreise nach Wien. Informationen gibt es ausführlich im Netz, in gedruckten Reiseführern bei Ihrem regionalen Buchhändler, oder fragen Sie uns.