Metzgerschürze statt Anwaltsrobe #51

Vom Jurastudenten zum Fleisch-Sommelier

Gunnar Flessa wollte es wissen: Wo kommt sein Fleisch her, das er so gerne isst? Wie geht es in einer Metzgerei zu? Was macht ein Metzger? Neugierig hat er in den Beruf hineingeschnuppert und seinen Traumberuf gefunden: Der 28-Jährige ist Metzgermeister und Fleisch-Sommelier mit eigenem Laden in der Spitalgasse.

Der neu eröffnete Laden in der Spitalgasse fällt auf. Mit Holz ist der Eingang des „MasterButcher“ gestaltet. Betritt man den Laden, ist das wie ein Zeitsprung. In warmen Farben, gemütlich, geschmackvoll und für eine Metzgerei ungewöhnlich eingerichtet ist das Geschäft. Interieur und leise Musik im Hintergrund verbreiten Nostalgie-Flair. „Die Kunden sollen den Laden betreten und sich wohlfühlen“, sagt der Chef des Hauses. Flessa trägt Melone, dunkle Hose mit Hosenträgern, ein weißes Hemd und darüber eine Schürze aus dunkelbraunem Leder. Er sieht aus, als sei er aus der Zeit gefallen. Mit gutem Grund: Der Metzgermeister und Fleisch-Sommelier hat ein Faible für das Amerika des 17. und 18. Jahrhunderts. Aber nicht nur: Mit seiner Metzgerei „MasterButcher“ hat er sich seinen Traum erfüllt. Produkte von bester Qualität bietet der MasterButcher in der Spitalgasse an. Es ist Flessas Anspruch, nur hochwertigste Fleisch- und Wurstwaren zu verkaufen.

Dabei hatte er nach dem Abitur, das er am Gymnasium Casimirianum abgelegt hatte, zunächst eine komplett andere Richtung gewählt. Flessa entscheidet sich nach dem Abitur für ein Jurastudium. Er lebt in dieser Zeit in einem Singlehaushalt, kauft ein und kocht selbst. Die oft niedrigen Preise, zu denen Fleischwaren angeboten werden, machen ihn stutzig. Dafür, meint er, könne keine Qualität auf dem Teller landen. Auf Steak, Wurst und Co kategorisch zu verzichten ist für Flessa keine Option. „Dafür esse ich meine Coburger Bratwurst viel zu gerne“, sagt er. Der Student macht sich viele Gedanken rund um das Thema Fleisch und die Ernährung. Er ist neugierig und redet viel mit seinen Eltern. „Meine Eltern haben mich angeschubst und gesagt, ich solle mich mit einem Metzger unterhalten“, erzählt er. Das tut er auch. Er hakt er bei der Metzgerei Fischer in Coburg nach. Inhaber Frank Fechter macht neugierig und vermittelt einen Praktikumsplatz bei der Fleischerei Luther – Flessas späterer Lehrbetrieb.

Das Praktikum und die handwerkliche Arbeit gefallen Flessa. „Das Metzgerhandwerk ist so abwechslungsreich, spannend und verantwortungsvoll, das erkennt man als Außenstehender leider oft nicht“, sagt er. Er beendet sein Jurastudium und beschließt den Beruf des Metzgers zu erlernen. Als Kammersieger der Handwerkskammer Oberfranken und als Vizemeister der bayerischen Metzgergesellen schließt er seine Ausbildung ab. Im Butcher Wolfpack, dem deutschen Nationalteam der Metzger, bestreitet er ebenfalls Wettkämpfe auf internationaler Ebene. „Dafür üben wir im Team, profitieren gegenseitig von der Erfahrung anderer Teammitglieder und verbessern unsere Techniken und Arbeitsweisen“, sagt er. Auch der internationale Austausch mit anderen Teams sei dabei von größter Wichtigkeit, um voneinander zu lernen und sich zu verbessern. „Eigentlich wäre es 2020 zur Weltmeisterschaft nach Sacramento/ Kalifornien, USA gegangen. Leider musste dieser Wettkampf wegen Corona abgesagt werden. Aber die nächste Chance kommt bestimmt“, sagt Flessa, der für sein Handwerk brennt. In diesen Wettkämpfen sind Wissen, Hygiene, handwerkliches Geschick, eine 100-prozentige Verwertung der Tiere und die Präsentation der hergestellten Waren das Entscheidende.

Nach seiner Ausbildung als Fleischermeister, Erfahrung im Handwerksbetrieb sowie dem Einzelhandel, legt Flessa seine Ausbildung zum Fleisch-Sommelier mit großem Erfolg in Augsburg ab. Ein Fleisch-Sommelier bringt umfangreiches Wissen rund das Thema Fleisch mit. Das beginnt bei der Genetik der Tiere, dem Futtermittel, der Zusammensetzung des Fleisches bis hin zu Zubereitungstipps und ernährungsphysiologischen Fragen. Flessa kann lückenlos aufschlüsseln, wo das Tier herkommt, was es gefressen hat, welches Teilstück wofür am besten geeignet ist und wie es besonders lecker wird. Und das wünschen die Kunden auch. „Die Leute wollen Transparenz und nicht anonyme Massenware“, sagt er.

Im April dieses Jahres hat Flessa den „MasterButcher“ in Coburg eröffnet. Dort bietet er nur beste Qualität an, dafür müssen verschiedene Kriterien erfüllt sein. Wichtig ist vor allem die Haltung der Schweine, Rinder und Co. Die Tiere müssen aus der Freilandhaltung kommen, Spaltenböden sind nicht erlaubt und Kälbchen dürfen nicht von der Mutter getrennt werden. Gentechnisch veränderte Nahrung ist ebenso tabu wie Antibiotika oder Hormone im Futter. Auch dürfen keine Phosphate oder unnötige Additive in der hausgemachten Wurst landen. In der Metzgerei „MasterButcher“ erhält der Kunde ebenso Gulasch, Leberkäse oder Schnitzel wie „Gourmet-Fleisch“, zum Beispiel vom Blonde d‘Aquitaine-Rind, US-Primebeef oder Lammfleisch aus Island. Gutes Essen ist für Flessa eine Herzensangelegenheit, täglich bietet er einen Mittagstisch und Imbiss an. „Bei unseren Speisen wird von der Mayonnaise bis zum Brot alles selbst gemacht“, sagt er. Gunnar Flessa ist in seinem Traumberuf angekommen. „Ich habe es nicht einen Tag bereut“, sagt er. Und so zerlegt er Fleisch, bereitet es zum Verkauf vor und berät seine Kunden, anstelle Paragrafen und Gesetze zu büffeln.

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