Sonderthema Arbeit – Ein Visionär tritt ab #52

Sonderthema Arbeit – wie verdienen wir unser Geld?

Arbeit ist mehr als ein Beruf, mehr als Existenzsicherung, sie kann eine Berufung sein, Lebensinhalt.

Der Ingenieur, Unternehmer und Visionär in Sachen regenerativer Energien, Wolfgang Schmidt, verlässt mit 74 Jahren die KSR Ingenieure GmbH & Co.KG in Rödental. 50 Jahre hat er sein Knowhow und seine Ideen weit über die Grenzen Coburg hinaus in Deutschland und Österreich umgesetzt. 30 Biomasseheizwerke sind sein Vermächtnis. Er wird weiterhin als Berater tätig sein.

Seit 1972 gibt es das Ingenieursbüro in Rödental, das heute unter dem Namen KSR Ingenieure GmbH & Co.KG die Konzeption und Projektleitung von Wärmeversorgungsanlagen, Abwasser, Wasser – und Gas, Klima- und Lufttechnischen-, Starkstrom- und Informationsanlagen bis hin zu Gebäudeautomationen übernimmt. Als sich die Gründer, Wolfgang Schmidt und Reinhold Krug, vor 50 Jahren mit ihrem Planungsbüro für Heizung, Lüftung und Sanitärtechnik als junge Ingenieure selbstständig machten, war das ein mutiger Sprung ins kalte Wasser. Gearbeitet wurde noch ganz ohne Handy, dafür mit Rechenschieber, Reißbrett, Matritzendrucker, Schreibmaschine und einer großen Portion Enthusiasmus. „Uns wurde schnell klar, dass unser Portfolio die gesamte Technische Gebäudeausrüstung abdecken musste, um erfolgreich zu sein. Großaufträge gab es nur, wenn man das gesamte Paket anbieten konnte“, erinnert sich Wolfgang Schmidt heute.

„Wir waren damals selbstbewusst, aber nicht weltfremd“

Ein Planungsbüro dieser Art gab es damals in ganz Oberfranken noch nicht. Die beiden Freunde und Geschäftspartner erarbeiten sich in wenigen Jahren einen überregionalen Bekanntheitsgrad und erweitern ihr Team: 1992 kommt der Elektro-Ingenieur Thomas Röthig dazu. Kurz darauf wird die Firma auf KSR (Krug – Schmidt – Röthig) umfirmiert. Wichtig sei vor allem das gegenseitige Vertrauen unter den Entscheidern gewesen, sagt Schmidt rückblickend, „wir waren damals selbstbewusst, aber nicht weltfremd. Geschäfte wurden auch mal beim Stammtisch oder im Sportverein angeregt“.

Verschiedene Zweigstellen wurden eröffnet, eine davon sogar in Berlin. Im Jahr 2003 setzen die drei Geschäftsführer wieder verstärkt auf Zentralität und lösen alle Filialen auf. Sie kaufen ein Grundstück in Waldsachsen und bauen ein eigenes Bürogebäude, das noch heute als Firmensitz dient.

Fokus auf regenerative Ideen

Wolfgang Schmidt fokussiert sich bei seiner Arbeit im Laufe der Jahre immer stärker auf regenerative Energien und erkennt – als einer der Ersten in der Region – die Bedeutung und den Wert von nachwachsenden Rohstoffen. 1985, als fossile Brennstoffe noch Hochkonjunktur haben, plant und konzipiert er bereits eine Hackschnitzelheizung für Schloss Greinburg in Oberösterreich, das zur Stiftung der Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha’schen Familie gehört. „Beim Spaziergang über das Schlossgelände mit Prinz Andreas zu Sachsen-Coburg und Gotha fiel mir eine holzverarbeitende Werkstätte auf, die viele Holzabfälle produzierte. Das brachte mich auf die Idee, diese als Hackschnitzel zur Wärmegewinnung zu verwenden“, erinnert sich der Ingenieur und schuf mit seiner Idee eine ökologisch sinnvolle und visionäre Heizlösung für die Greinburg, denn die Verbrennung von Hackschnitzeln als nachwachsende Rohstoffe ist CO2 neutral. Bis heute achtet Wolfgang Schmidt bei allen Projekten rund um das Heizen mit Biomasse darauf, dass das Holz zur Verbrennung möglichst von regionalen Unternehmen geliefert wird, um lange Anfahrtswege und damit zusätzliche Immissionen zu vermeiden.

Einer seiner größten und aufwendigsten Aufträge war und ist die Planung und Umsetzung des Biomasseheizwerks mit Fernwärmenetz für die Stadt Seßlach. Die Folgen des Klimawandels sind im Jahr 2005 bereits spürbar, deshalb entscheidet sich der damalige Bürgermeister Hendrik Dressel neue Wege zu gehen. Er will langfristig auf fossile Brennstoffe in seiner Stadt verzichten. Bevor der Ausbau der Anlage beginnen kann, müssen Ingenieur und Bürgermeister gemeinsam viele Hindernisse und Vorurteile aus dem Weg schaffen, um die Bürgerinnen und Bürger von der neuen Heizart zu überzeugen. „Wir mussten intensive Gespräche führen, um die Ängste und Bedenken auszuräumen. Ich habe Vorträge über die Vorteile und Funktion der Hackschnitzelheizung gehalten und Wirtschaftlichkeitsstudien erstellt“, erinnert sich Schmidt.

Ein Vorzeigemodell

Doch die Idee fruchtet – in den Jahren nach der Fertigstellung der Anlage lassen sich immer mehr Anwohner an das lokale Fernwärmenetz anschließen. „Bei Inbetriebnahme des Heizwerks und mit Beginn der Wärmelieferung hatten wir 43 Abnehmer am Netz“, so der Planer. Heute werden bereits 130 zufriedene Kunden mit Wärme versorgt. Das Fernwärmenetz wurde in den vergangenen Jahren von anfangs vier Kilometer Länge auf zwischenzeitlich sieben Kilometer ausgebaut. „Wir hatten in unserer Anfangsplanung bewusst vorausschauend eine gewisse Überdimensionierung der Anlage in Kauf genommen“. Damit ist die Stadt Seßlach zu großen Teilen frei von fossilen Brennstoffen – ein Vorzeigemodell.

Mehr als 30 Biomasseheizanlagen in der Region, in Thüringen und Österreich, hat Wolfgang Schmidt als Geschäftsführer von KSR-Ingenieure bis heute geplant und umgesetzt. Mit jeder neuen Konzeption und Ausführung hat er neue Erfahrungswerte gesammelt. Heute gilt er als einer der wichtigsten Experten auf dem Gebiet von Biomasseheizwerken mit Fernwärmenetzen zur Erzeugung von Wärme und Strom.

Rückblickend ist er dankbar für die Unterstützung durch seine Ehefrau, die Familie und das gut funktionierende Team im Büro. „So konnte ich immer meine ganze Kraft in unsere Firma stecken. Ich habe nie nachgezählt, wie viele Stunden ich für Projekte aufwenden musste, bevor sie funktionierten“, resümiert der Unternehmer. Jetzt müsse er sein „Kind“ langsam loslassen. Wolfgang Schmidt wird zukünftig nur noch als Berater für KSR Ingenieure tätig sein. Seit 1. Juni 2022 wird das Planungsbüro von den Geschäftsführern Thomas Krug und Frank Röthig geleitet.

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