Bild Christopher Bardin

Sonderthema DESIGN:
Eindrucksvolle Emotionen #20

Christopher Bardin – der Mensch hinter der Audio Logo GmbH

Wenn Bücher einen Film zeigen, Prospekte Musik machen und Weihnachtskarten leuchten, dann steckt oft er dahinter: Christopher Bardin aus Ummerstadt. Im kleinen thüringischen Städtchen nahe des Landkreises Coburg produziert er mit seinem Team multisensorische Werbung: Drucksachen mit Sound, Licht und Video – ganz besondere Gefühle aus der perfekten Verbindung von Technik und Design. Die Kunden sind vor allem große Markenartikler, international. Eine eindrucksvolle Erfolgsgeschichte und ein besonderer Mensch dahinter, der über Austin in Texas, Paris und Los Angeles nach Ummerstadt kam, wo wir uns treffen.

Übers you beim Du
Dort erzählt er aus seinem jetzt über 60jährigen Leben, das viele Wendungen und Zufälle parat hatte, das von ihm viele Entscheidungen forderte, „man könnte ja auch nichts erzählen, wenn man nichts riskieren würde“, in diesem charmanten Deutsch mit amerikanischen Akzent, bei dem man über das „You“ gleich beim „Du“ ist, aber „sorry, das ist bei mir so“, und das schafft gleich eine vertraute, freundliche Atmosphäre, kein Interview, eher ein Gespräch wie in der Kneipe um die Ecke, wir sitzen ja auch ganz entspannt in einem kombinierten Präsentations- und Besprechungszimmer bei ein, zwei Tassen Kaffee.

Her mit der Lösung
Das Leben von Christopher Bardin zeigt, dass es nicht immer geradeaus geht, um dennoch vorwärtszukommen, dass man auch mal pragmatisch einfach zupacken muss, wenn sich Gelegenheiten bieten, und dass man gut fahren kann, wenn man – vielleicht irgendwie auch typisch Amerikaner – orientiert an einem seiner Leitsätze lebt „man darf nicht immer die Probleme sehen, mich interessieren die Lösungen“. Der erste Weg von Bardin führt zur Anthropologie, zur Kulturgeschichte vom Menschen. Er studiert in Austin, will ein Buch schreiben über die Entwicklung der Kultur. Südafrika ist ein ideales Forschungsobjekt. Alle Welt schaut Ende der 1970er Jahre dorthin, die Apartheid liegt in ihren letzten Zügen, das Zusammenleben der Kulturen und Ethnien fasziniert ihn.

Dann halt Filme produzieren
Doch es kommt nicht zu dem Buch, Bardin studiert lieber Kunst in Frankreich, lernt viele Künstler kennen. Das hilft ihm bei seiner ersten kleinen „Firma“, einer Agentur für Künstler, sein Büro: ein Restaurant. „Das war schon eine verrückte Zeit“, sagt er. Vier Jahre lang, aber eben nichts für die Ewigkeit, das Geld reicht nicht. Mit der Kunst im Gepäck studiert er in Los Angeles Recht, möchte Kunstanwalt werden, landet aber bei der Filmproduktion New Line Cinema, liest Skripte, produziert, entwickelt Filmstoffe. Zehn Jahre lang. Doch das Leben hat schon die nächsten Wendungen für ihn parat: Zum einen trifft er eine junge Frau, eine Deutsche, die Architektur studiert. Die beiden heiraten. Und er verliert seinen Job in der Filmindustrie.

Die entscheidende Wende
Diese beiden Ereignisse führen letztlich zum seinem heutigen Unternehmen Audio Logo in Ummerstadt: Bardin liest in der Zeitung von einer Firma, die Klingelkarten produziert, ein Vorreiter auf dem Gebiet der multisensorischen Werbung: Clegg Industries. Er trifft sich mit dem Chef, man wird sich einig. Bardin hat einen neuen Job, akquiriert Kunden. Zwei Jahre später wird seine Frau schwanger. Sie geht zurück nach Deutschland, ihr gemeinsames Kind möchte sie in ihrem Heimatland groß ziehen. Und Christopher soll mit, sein Chef stimmt zu, Bardin soll die Klingelkarten auch in Deutschland verkaufen, eine Filiale gründen.

Video in Print: Die Rimowa-Schatzkiste mit edler Videokarte, die einen bewegenden Film zur Geschichte und Zukunft der Junkers F13 präsentiert.

Von LA nach Ummerstadt
So landet er im Dezember 1994 auf dem Flughafen in Frankfurt, „ohne Deutsch zu sprechen“, und schließlich im Coburger Land, der Heimat seiner Frau. In Kaltenbrunn, Heilgersdorf und Ummerstadt hatte sie Häuser ausgewählt zur Besichtigung. „Beide lieben wir große Häuser, am besten mit einer Scheune.“ In Ummerstadt werden sie fündig, Preis und Haus passen, es wird ihre neue Heimat. Doch der private Neuanfang fällt Bardin auch ein wenig schwer. „Ich gehe gerne in Museen, ins Kino, ins Restaurant, habe das Leben in den Metropolen immer genossen.“ Jetzt aber lebt er auf dem Land, in Coburg gibt es noch kein Utopolis, um wenigstens die aktuellsten Kinoproduktionen zu sehen. „Das war schon irgendwie schwierig.“ So geht das ein, zwei Jahre, dann gewöhnt er sich an sein neues Leben. Einmal sei er aufgewacht und habe gesagt: „Mann, ich habe hier überhaupt keinen Stress. Hier bleibe ich.“

Tage für ein Soundfile
Dabei hat er durchaus auch beruflich Hindernisse aus dem Weg zu räumen. „Soundfiles waren ja früher tage- oder wochenlang auf Speichermedien zu Kunden unterwegs, später dann immer noch stundenlang.“ Schnelles Internet ist jahrelang ein Fremdwort im ländlichen Raum. Doch „ich bin ein Kämpfer“, und so glaubt Bardin trotz aller Widrigkeiten an sein Business. 1998 gründet er sein eigenes Unternehmen The Audio Logo Company, ist aber geschäftlich immer noch an seine amerikanischen Lieferanten gebunden. 2007 dann wird aus der Company die heutige Audio Logo GmbH, man wird unabhängig, entwickelt eigene neue Produkte mit Video, mit Licht. Und mittlerweile hat das Unternehmen auch schnelles Internet. „Jetzt braucht ein Soundfile nur noch ein paar Sekunden.“

Sound in Print: „Fette“ Motorengeräusche beim Aufklappen der Karte.

Shrek als größter Erfolg
Der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten. Die multisensorischen Werbungen als Karten, Broschüren, Firmenchroniken oder Geschäftsberichte kommen an, „sind ein bisschen wie Spielzeug für Erwachsene“, schmunzelt Bardin, und werden von seinen acht Mitarbeitern in Ummerstadt in der 2012 gekauften Halle auf 450 Quadratmetern entwickelt und montiert. „Eigentlich sind wir Designer, Handwerker und Techniker in einem“, sagt er, der so von seinem „wunderbaren begeisterungsfähigen Team“ schwärmt. Ob BMW, Escada, OBI, für TV-Sender oder die Bambi-Verleihung – vor allem große Markenartikler setzen auf die eindrucksvollen Emotionen aus Ummerstadt. „Mein größter Erfolg war die DVD-Verpackung für Shrek 2003 mit sprechenden Figuren, Beleuchtung und einer Auflage von 2,3 Millionen Stück.“ Er erinnert aber auch daran, dass es „nicht immer gutging, wir hatten auch schwere Jahre.“

Flotte Bienen im Garten
Dann halfen ihm die vielen Erfahrungen aus seinem Leben. Und es kommen immer neue dazu. Auch seine Leidenschaften nämlich fließen in das Unternehmen ein, die Liebe zur Kunst zum Beispiel, die ihn immer begleitet hat. „Wenn ich geschäftlich in großen Städten unterwegs bin, schaue ich mir dort immer so viele Galerien oder Museen wie möglich an.“ Schönheit, gute Haptik, hohe Qualität, Anspruch, das alles findet sich auch in seinen Produkten wieder. Und wenn er Zuhause in Ummerstadt ist, besucht er oft seine Bienen, drei Völker haben seine Frau und er. „Da geht es auch um eine gute Einstellung zur Natur.“ Immer neugierig, immer etwas ausprobieren, immer mal etwas riskieren. Seine Frau übrigens auch. Sie ist heute die Bürgermeisterin von Ummerstadt.

Autor: Wolfram Hegen

Bildquelle: Uli Präcklein

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